
25. Reisetag
Montag, 13. August 2012
Lønsdal-Rognan
Genau so habe ich mir das vorgestellt: blauer Himmel soweit man sieht und keine Wolke! Und so war es heute Morgen, und es blieb so bis heute Abend.
Mein Entscheid, noch einmal in den Norden zu fahren, hat sich also gelohnt. Heute war Eisenbahnfototag geplant. Es lief nicht ganz alles hundertprozentig, wie ich das eigentlich wollte, aber man lernt dazu.
Das Lønsdal Høyfjellhotell macht von aussen den Eindruck, es gäbe hier nur Massenlager, doch absolut das Gegenteil ist der Fall. Das Zimmer war auf jeden Fall perfekt, auch wenn nicht ganz alles dem neusten Schrei entsprach. Es hatte nur sehr wenige Gäste.
![]() |
Vor dem Morgenessen ging ich zum Bahnhöfchen von Lønsdal, das etwa 500 m vom Hotel entfern im Wald steht. Um 7.27 hätte der Nachtzug vorbeikommen sollen, die Lichtverhältnisse stimmten und ich war überzeugt, in wenigen Minuten schon eine schöne Aufnahme zu haben. Nachdem der Zug aber nach einer halben Stunde immer noch nicht kam, ging ich ins Hotel zum Frühstück. Dies musste ich im Eiltempo nehmen, denn um ca. 9.05 Uhr sollte oben (d.h. in 24 km Distanz) ein Regionalzug bei der Polarkreismarkierung durchfahren. Es gab dann eine sportliche Fahrt den Berg hinauf, um diese Zeit sind ja die Elche und die Norweger noch am Schlafen. Fast am Ziel sah ich plötzlich den Nachtzug kommen. Bis ich abgebremst und mich von den Gurten befreit hatte, war der Zug durch, aber das hätte das ultimative Bild gegeben.
Beim Polarkreiszenter stellte ich das Auto auf dem noch praktisch leeren Platz ab und eilte zur Bahnlinie, montierte aber vorher die Wanderschuhe, da mein Weg durch Feuchtgebiete, Bäche, durch Buschwerk und über Steine führte. Dann konsultierte ich mein Smartphon und fand auf der Internetseite der Norwegischen Staatsbahn die Abfragemöglichkeit, ob der gesuchte Zug pünktlich verkehrt. Die schlaue Seite verriet, dass das Notkommunikationssystem auf Teilen der Nordlandbahn ausser Betrieb ist und die Züge deswegen mit verminderter Geschwindigkeit fahren müssten. Daher hatte der Nachtzug 101 Minuten Verspätung und der Regionalzug, ein besseres Dieseltram, „nur“ 85 Minuten. Und so war ich ab 10.30 Uhr quasi arbeitslos bis 13.40, als ein Güterzug angemeldet wurde. Diesen hat mir der Stationsbeamte in Lønsdal gestern Abend, als ich um sein Bahnhofsgebäude schlich, bekanntgegeben.
Der erste Zug war ein Regionalzug von Mosjøen nach Bodø. Er fuhr wegen des Ausfalls des Notkommunikationssystems (was das auch immer sein mag) statt um 06.35 erst um 07.20 in Mosjøen ab und überquerte den Polarkreis mit 85 Minuten Verspätung. Das Züglein, ein zweiteiliger "Talent" von Bombardier, flitzte mit rund 130 km/h vorbei, denn auf dem Saltfjell ist es eben und die Strecke fast gerade. Der "Talent" wurde für den Kölner Regionalverkehr entwickelt und bietet nicht den Komfort, den man als Reisenden von mehrstündigen Bahnfahrten erwartet.
Auf dem Bild ganz rechts sieht man die Pyramide, die auf beiden Seiten der Bahnlinie exakt am Polarkreis zu finden ist. Jeder vorbeifahrende Zug pfeift an dieser Stelle.
![]() |
![]() |
![]() |
Da ich erst um 13.40 Uhr den nächsten Zug erwartete, begab ich mich auf eine Wanderung bergwärts und „freute“ mich riesig, als um 12 Uhr ein langer Güterzug in der richtigen Richtung im besten Licht ein paar Kilometer weiter unten durchfuhr. Über diesen Zug hätte mich der gute Mann im Bahnhof Lønsdal ja auch noch informieren können.
Von weiter oben wird noch deutlicher ersichtlich, wie karg die Landschaft auf dem Saltfjell ist und wie weitläufig das Gebiet ist.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Dann kam der als Extrazug angekündigte Güterzug, natürlich auch mehr als eine Stunde zu spät. CargoNet, die Gütertochtergesellschaft der norwegischen Staatsbahn NSB hat für die Nordlandbahn extra ein paar Lokomotiven der britischen Reihe Class 66, in Norwegen als CD66 bezeichnet, angeschafft. Der Zug kam recht langsam den Berg hinauf und war von weitem schon zu hören.
![]() |
Die beiden Personenzüge sind gleich formiert, nämlich aus einer Lok Di4, einem Generatorwagen und fünf B5-Personenwagen. Die B5-Wagen wurden erst kürzlich hauptrevidiert und modernisiert, und dabei erhielten sie neue, etwas hochbeinig wirkende Drehgestelle und Passagierraumklimatisierung. Offenbar reicht die Energieversorgung der Diesellok nicht mehr aus, so dass der Generatorwagen mitgeführt werden muss. Vor dem Umbau waren die B5-Wagen zwischen Lillehammer, Oslo und Skien eingesetzt.
Die eine Lokomotive hat einen Aufkleber, der auf das 50jährige Bestehen der bis Bodø durchgehenden Nordlandsbahn hinweist.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Wenigstens war ich nie allein. Tausende Mücken begleiteten mich den ganzen Tag, und einige dockten an, bevor ich es merkte. Jetzt juckt es mich überall. Passiver Blutspendedienst.
So hatte ich an diesem wohl schönsten Tag der ganzen Ferien drei Züge fotografisch eingefangen und zwei verpasst. Norwegische Bahnfotos müssen wirklich hart erarbeitet werden.
Mit einem Bärenhunger ging ich dann in den Polarkreiszenter, wo gegenüber gestern regelrecht Ruhe herrschte. Mit einem typischen norwegischen Gericht, Kyllingburger meny, wurde mein Bauch mit Huhn, Sesambrot, Gurken, Tomaten und Pommes gefüllt.
Wieder einmal ein wenig Norwegenkunde!
In Norwegen ist es sicher im Durchschnitt kälter als bei uns, und die Witterung dürfte ohnehin etwas garstiger sein. Umso mehr erstaunt, dass das praktisch im ganzen Land angewendete Fensterschliess-System auf Klappwinkeln basiert, die je nach Zustand das Fenster nicht dicht verschliessen. Mit Energie wird relativ verschwenderisch umgegangen, weil der Strompreis sehr niedrig ist.
![]() |
Ich verliess dann das Saltfjell bei schönstem Wetter und sehr warmer Temperatur und fuhr in Richtung Norden. Das Hotel in Lønsdal meldete im Internet, dass kein Zimmer mehr verfügbar sei (vermutlich eine Reisegruppe, habe auf dem Polarkreis einen Car von Eurobus gesehen), so fuhr ich gleich bis an den Fjord und ging in das Rognan Hotell in Rognan, wo man noch Platz für mich hat.
Gemäss den norwegischen Zeitungen ist morgen das Wetter in dieser Region wiederum gut. Nun bin ich am planen, was ich morgen machen werde.
Und zum Schluss noch die Landkarte mit der heutigen kurzen Route:
![]() |














